Unter Wölfen

Oh shit, oh shit, oh shit, oh shit, oh shit, worauf habe ich mich nur eingelassen… Dass Er mich fesselt, knebelt, all die Dinge mit mir anstellt, die Er mir gezeigt hat, mit denen Er mich ein ums andere Mal wieder überrascht hat, dass ich diese Dinge mag, ja, ja, natürlich, aber…

Es kann nicht mehr als eine halbe Stunde her sein, dass Er mit einem Seilbündel über die Schulter in mein Zimmer kam. Daran, dass Er nicht klopfte, hatte ich mich oder sollte ich besser sagen, hatte Er mich inzwischen gewöhnt und so legte ich auch unverzüglich meinen Stift hin, spürte bereits die Entspannung, die zu suchen Er mich gelehrt hatte, durch meinen Körper fahren. Wie ich Entspannung und Anspannung gleichzeitig und beide so intensiv spüren kann, werde ich wohl nie verstehen können. Ich fiel auf die Knie, die Beine schön weit für Ihn gespreizt, die Arme auf dem geraden Rücken, der Blick entspannt in die Leere schauend… Das häufige Üben hatte sich bezahlt gemacht, meine Haltung war genau so, wie Er mich knien sehen will und ich nahm einen tiefen Atemzug und richtete mich in Körper und Geist ganz auf Ihn aus.

Ein paar kurze Augenblicke und Befehle und meine Augen waren verbunden, mein Mund fest vom Knebel verschlossen. Vor gar nicht so langer Zeit musste er dabei noch stundenlang mit mir Händchen halten, damit ich nicht von der Augenbinde alleine in Panik ausbreche. Jetzt ist es eben diese Geborgenheit, die er mir gegeben hat, die ich in der Dunkelheit empfinde und keine Widerworte und Einwände machen zu können, macht mir auch kaum noch etwas aus. Aber in Momenten wie diesem…

Stück für Stück schnürte er mich ein, nicht zu fest, aber vor allem auch nicht zu locker. Bilder aus Phantasie und Erfahrung schossen mir durch den Kopf. Wie er mich schon einmal gefesselt hatte, um mich dann, manchmal hasse ich ihn für das, weswegen ich ihn liebe, durchzukitzeln. Noch nicht einmal die Gnade vor Atemnot in Ohnmacht zu fallen, hatte er mir gegeben; immer lange genug Pause gemacht, mich etwas Luft holen lassen, doch nie lange genug, um aus dem Teufelskreis des Lachens herauszukommen, bis ich schweißgebadet war… Und warum das ganze? Damit ich wirklich alles daran setze, aus den Seilen auszubrechen und spüre, wie unmöglich das ist! Hätte er es nicht getan, hätte ich nie geglaubt, dass ich das noch nicht geglaubt hatte…

Aber nein, das war nicht, was diesmal geschah. Der Druck eines Seilgeschirrs hatte sich um meine Brust, meine Arme und meinen Unterleib gelegt wie eine Ganzkörperumarmung. Die Seile waren zur Erweiterung seiner Arme geworden, die mich noch stundenlang unermüdlich seine schützende Präsenz spüren lassen konnten. Er packte mich am Geschirr, hob mich hoch, zog mich daran und mit jeder Bewegung spürte ich, wie sein Griff sich durch die Seile fortsetzte.

Ich spielte die Widerstrebende, um noch ein wenig mehr seiner Kraft zu spüren und wurde mit einem kräftigen Zug belohnt, der mich stolpern und in seine Arme fielen ließ, der mir das Gefühl seines warmen Atems in meinem Haar schenkte. Dass ich nicht dann und dort wie ein Wackelpudding zerfloss, kann ich nur auf ein Wunder zurückführen; das Wunder der Macht des Gehorsams.

Die Schuhe wurden mir angezogen und ich dachte mir: „Oh, er will mit mir in den Wald? Dort hatten wir ja auch schon einigen Spaß.“

Aber nein, ich wurde ins Auto gesetzt und mit einem lauten Klacken schlossen sich die schweren Eisen um meine Fußgelenke. Okay, okay, okay, also etwas ganz neues. Brummend setzte sich der Wagen in Bewegung…

Früher einmal hätte die Kraft meiner Scham alleine vermocht, die Erde aufzureißen, damit diese mich verschlucken möge. Damals als ich mich noch nicht einmal mir selbst im Spiegel zu zeigen getraut hatte. Und jetzt?

Mein Herz schlug mir bis zum Hals, und meine Haare mussten zu Berge stehen, aber tatsächliche, echte Angst zu empfinden? Nichts lag mir ferner. Nur zu schnell fahren und der Polizei ein Bild für das Hinterzimmer der Wache verschaffen sollte er bitte nicht.

Aber dass ich mir auch darüber keine Sorgen zu machen brauchte, einfach mal blind zu vertrauen und zu spüren, wie dieses Vertrauen gewürdigt wird, lange hatte es gedauert. Aber irgendwann war auch diese Lektion in meinem Herzen angekommen. Nur die Ungewissheit was es diesmal sein würde, ließ mich für den Knebel dankbar sein, denn nicht einmal ich selbst hätte das quängelnde Wesen ertragen können, das ich ohne den Knebel gewesen wäre.

Als der Wagen zum Stehen kam und sich die Fenster öffneten, gefror mir das Blut in den Adern.

Menschen! Redende Menschen, schauende Menschen und nicht nur welche, an denen man mit dreißig Sachen vorbeiflog, sondern Menschen in Armreichweite, die verstanden, was sich vor ihnen abspielt, bevor man ihr Sichtfeld schon längst wieder verlassen hatte!

Kein Wunder rettete mich diesmal. Kein anderes zumindest, als ein wohlbekanntes Paar starker Arme, die sich um meine Hüfte schlangen und so verhinderten, dass ich innigen Kontakt mit dem gepflasterten Boden aufnahm.

Und jetzt bin ich hier, halb sitzend, halb auf etwas liegend, was eine Kneipenbank sein könnte. Stimmen überall um mich herum, aber das Rauschen meines Blutes in meinen Ohren übertönt ihre Worte. Meine Phantasie spielt verrückt und aus jeder nicht verstandenen Silbe höre ich heraus, wie jemand etwas über mich sagt, das mir peinlich wäre, wenn ich wüsste, dass es auch nur über mich gedacht würde.

Ich bin wieder in Schweiß gebadet, aber diesmal ist es kalter Schweiß und ich zittere am ganzen Leib. Meine Gedanken rasen.

Okay, bekomme dich in den Griff. Er hat dir noch nie mehr zugemutet, als du vertragen kannst, auch wenn es immer wieder so aussah. Genieße das Adrenalin, das dein rasendes Herz durch deine Adern pumpt, spüre die Wellen der Gänsehaut, die über deine Haut rollen, die Schärfe in deinen Sinnen, deinen Empfindungen, deinen Gefühlen. Nimm tiefe, lange Atemzüge, lass deine Aufmerksamkeit von Muskel zu Muskel wandern, von den Zehen bis zu den Fingerspitzen, dann Hals, Kiefer, Gesicht und nochmal von vorne.

Ja, so ist es besser, langam komme ich wieder HURK! Was zum Henker? Aaah! Okayokayokay, ganz ruhig, die Hand in deinem Genick, die an der Stirn, die kennst du und das heißt… Sie sind nicht die Hände, die mich am Geschirr gepackt haben und die mich herumtragen!!!

„Schschsch“, sagt er. Er hat gut reden. Fremde Leute haben mich auf diesen Tisch gelegt und ich will nur schreien und wegrennen will ich, und… Natürlich.

Das hat gut getan. Gebracht hat es nichts außer deutlichen Seilspuren, aber wenn einem schon ein sicheres Umfeld dafür geboten wird, dann ist seine Panik auszuleben, etwas sehr, sehr Befreiendes, wenn man wohl weiß, dass der Eine da ist, dem man vertrauen kann und der einen hält.

Ich liege zwar immer noch genauso da wie eben, aber wenigstens schwitze ich jetzt wieder heiß und die Angst in meinem Körper ist der Erschöpfung gewichen. Seine Hand liegt auf meinem Rücken und ich spüre, wie seine Wärme sich mit der meinen vermischt, wie mein Atem wieder tiefer wird, meine Stimme wieder verstummt.

Meine Güte, ist mein Hals rau. Ich habe schon lange, lange Zeit nicht mehr so geschrien.

„Ich weiß, wir waren recht derb zu dir“, brummt mir meine liebste Stimme in der ganzen Welt ins Ohr:

„Aber jetzt hast du dir etwas verdient. Entspanne dich und nicke, wenn du bereit bist.“

Seine Hände verschwinden, hinterlassen kalte Abdrücke. Füße, Beine, Torso, Arme, Kopf, die Anspannung weicht aus meinen Muskeln, kommt zurück, verschwindet wieder.

Wenn man sich mal näher mit ihm beschäftigt, entpuppt sich der eigene Körper als wildes Biest, das sich sträubt, gezähmt zu werden. Aber ich habe einen guten Lehrer, der mich zu einer guten Schülerin gemacht hat.

Wie ein nasser Sack falle ich langsam in mich zusammen, spüre, wie sich Seile und Fleisch in innige Berührung begeben, wie mir der Atem, bis tief in den Bauch hinein geht, obwohl ich auf darauf liege. Als schon die Vorstellung davon eine Anstrengung wird, nicke ich.

Fingerspitzen auf meinem Rücken. Sie gleiten über die Haut, hinterlassen Spuren aus Zärtlichkeit auf Rücken, Po, Beinen und wieder hoch, die Handflächen verteilen in großzügigen Schwüngen Genuss. Der Geruch des Öls auf meiner Haut verwöhnt meine Nase, hoch in den Wolken, in denen ich schwebe.

„Das alles hier gehört ganz alleine mir“, höre ich. Ein Finger fährt mir zwischen den Pobacken durch und als Er meine Scham kitzelt, zucken kribbelnde Blitze durch mich. Mein Körper zuckt und stöhnt, ich spüre meinen schnellen Atem, koste diesen Moment vollkommener Lust bis zum Letzen aus. Über mir, wie aus weiter Ferne, höre ich ein Schnippen, dann leise Schritte und spüre wieder Finger auf meinem Rücken, seine Hände. Mehr Hände, aber welches sind seine?

Sie berühren mich alle so zart, streicheln, liebkosen. Meine Haut brennt, ich spüre jedes Härchen, jeden Nerv, jeden noch so sanften Druck und es sind so viele, so viele, so schön.

Und dann spüre ich seine Hände, wo niemandes anderen Hände sein können.

Wo bin ich? Ach ja, der Tisch, die Hände und das Öl rieche ich sogar noch. Und Seine Hände an meinen Seiten, Seine Stirn an meiner. Seine Stimme in meinem Ohr, in meinem Kopf, in meinem Herzen.

„Das war deine Lektion für heute. Es gibt noch mehr Menschen, die dich nicht verletzen.“

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