Es war schönes Wetter. Es ging mir gut. Es ging mir beruflich gut, die Arbeit machte Spaß, die Leute, mit denen ich zu tun hatte, waren nett, freundlich und interessant . Es ging mir auch gesundheitlich gut. Alles stimmte, nichts tat weh, und was den Sport angeht, der Körper brachte die Leistung, die man verlangen konnte.
Ich war ganz zufrieden. War glücklich. Eigentlich nicht. Denn: Es ging mir viel zu gut !
Dem konnte abgeholfen werden. ich rief Elvira an, meine Weggefährtin in Grenzland, und fragte sie, ob wir nicht wiedereinmal was machen könnten, keine große, heilige Sache, nur ein schlichtes kleines SM- Training.
„Das kannst Du haben, Nikodemus, “ meinte Elvira, „ich habe sowieso die Nase voll von all den Softies um mich herum, ich muß mich unbedingt mal wieder austoben. Wenn Du Dich traust…“
Nun, ich traute mich. Ich war immer noch guten Mutes, als ich schon aus- gestreckt auf der Massageliege ( welch ein Wort !) lag, Hände und Füße perfekt an den Enden fixiert. Ich genoß die Spannung, die Atmosphäre, Elvira umkreiste ihr Opfer mit allen Anzeichen von guter Laune. Sie summte und trällerte daß es eine Freude war, während sie ihr „Handwerkszeug“ zusammensuchte und bereitlegte:
eine schwere Karpatsche, zwei Rohrstöcke, ein ca. 40 cm langes Gummikabel, zwei Reitgerten und eine süße, zarte Geisel zum Aufwärmen.
„Mit jedem Instrument gibt es zwanzig “ verkündete sie fröhlich.
Ich spürte es deutlich, sie hatte großes Vergnügen daran und in ihre Sportschuhen hatte sie den sicheren Stand, der die Kraftentfaltung fördert.
Wenn das Aufwärmen war, was sollte dann noch kommen ? Meine Selbstsicherheit war ganz plötzlich verschwunden.
Nun, es wurde sehr hart, und nur durch die verständnisvolle gewährten Pausen und Tröstungen schien mir das Ganze überhaupt ertragbar, aber als noch eine Reitgerte und die Karbatsche auf ihren Einsatz warteten konnte ich nicht mehr.
Ich konnte wirklich nicht mehr, ich war total demoralisiert und bat Elvira die „action“ abzubrechen. Ich bat inständig.
„Ja was hat den das Mimöschen jetzt plötzlich ? Erst wenden wir (wir??) mal das vorletzte Instrument an, dann folgen die letzten zwanzig und dann erst wird der Herr Hochempfindlich losgebunden. Vorher nicht ! “ so Elvira
Teils heiter und beschwingt ( Elvira ) und teils in Auflösung begriffen ( ich, Nikodemus ) ging es weiter. Während der letzten zwanzig flehte ich um wenigstens eine kleine Zwischenpause, denn ich sei am Ende, im Ernst !
„Du bekommst schon eine Pause, aber erst vollenden wir den letzten Durchgang. Laß doch endlich die Mimöschen-Nummer ! „
Irgendwie kam ich auch durch diese letzten zwanzig, und wie erleichtert war ich!
Ich hatte es hinter mir.
Da sagte sie mit ganz sanfter Stimme: „Und jetzt bekommt der liebe Nikodemus noch seine heiß ersehnte Pause. Weil er so tapfer war, bekommt er sogar eine Spezialpause.“
Ich lag ruhig und entspannt, aber immer noch fixiert, und das Glücksgefühl des Überstanden habens fing an sich auszubreiten. Ich rätselte, was das wohl sein könne, eine Spezialpause.
Da pfiff es scharf und hell, und ein unglaublich heißer, intensiver, irgendwie elektrischer Schmerz schoß in meine rechte Fußsohle. Diese Art Schärfe warnen. Das war jenseits aller Grenzen !
Das also war die angekündigte Spezialpause !! Mein Bewußtsein war ein einziger starker Gedanke: Einen zweiten Hieb von dieser Art darf es nicht geben. Das ist ganz und gar unmöglich. Ich schrie: „Nein !“. Ich verfluchte die ganze SM-Szene. Ich wollte ein neues, SM-freies Leben beginnen.
Fernschreiben nach Hamburg: „Hiermit erkläre ich….“ Nur, wie sollte das gehen, ich war sehr solide festgemacht.
Es gab einen zweiten, einen dritten und noch viele dieser fürchterlichen Hiebe auf die Fußsohlen. Das Instrument war ein relativ dünner Rohrstock, die Fesseln hielten.
Ich verlor nicht das Bewußtsein. Aber ich verlor mich. Ich wußte nicht mehr wo ich war, wo oben, unten, hinten, vorne war. Ich wußte nicht mehr wer ich war, wie ich heiße. Ich befand mich irgendwo außerhalb von mir selbst in einer Feuerkugel. Es war furchtbar- und wunderbar.
Dann war es zu Ende. ich kam wider in die Welt. ich war glücklich. Von Austreten keine Rede mehr.
Immer noch bin ich dankbar für die Kreation „Spezialpause“. Ob ich je wieder den Mut haben werde, um eine Pause zu bitten ? Ich weis es nicht.